Donnerstag, 23. März 2017

Wie Ryanair abzockt

Die „Story im Ersten“ zeigte, welche gefährliche Folgen die herrschende „Geiz-ist-Geil“-Mentalität in der Luftfahrt hat. Vor allem Ryanair arbeitet demnach am Rande der Legalität.

Für Billigpreise bietet Ryanair Flugsitze an – und scheffelt dennoch jedes Jahr riesige Gewinne. Die Methoden, mit denen der irische Billigflieger dabei vorgeht, zeigte gestern die ARD in ihrer „Story im Ersten“. Was dabei herauskam, gleicht einem Krimi: Ryanair führt demnach mit einem ausgeklügelten Geschäftsmodell nicht nur eine zuvor funktionierende Branche in den Ruin, sondern arbeitet mit einem äußerst verschachtelten Modell aus Personaldienstleistern, Pilotenfirmen und sogenannten „Betriebsstätten“.
Die Dummen sind dem ARD-Beitrag zufolge nicht nur die Piloten, die nur dann bezahlt würden, wenn sie wirklich im Cockpit sitzen. Offenbar zockt der irische Billigflieger auch den Staat und damit die deutschen Steuerzahler ab, indem er Steuer- und Sozialversicherungsbetrug in riesigem Ausmaß begeht. Dazu lässt der Film Arbeitsrechtler und Luftfahrtexperten zu Wort kommen.
Erst kürzlich habe auch die Staatsanwaltschaft Koblenz ein Ermittlungsverfahren gegen vier Ryanair-Manager eröffnet (wir berichteten). Und auch in Frankreich und Großbritannien haben der Reportage zufolge inzwischen Staatsanwälte, Steuerbehörden und Sozialversicherungsträger das Geschäftsmodell der Iren im Fokus.

Kein Geld bei Krankheit

Dabei geht es um die Frage, auf welche Art viele der vom Billigflieger eingesetzten Piloten beschäftigt sind. Das System sei verschachtelt: Piloten müssen sich den ARD-Recherchen zufolge zum Schein selbstständig machen und ihren Arbeitsvertrag nicht mit Ryanair, sondern mit Personalvermittlern abschließen und zusätzlich eigene „Betriebsstätten“ gründen.
Aus Piloten, die in Deutschland wohnen, mache Ryanair freie irischer Unternehmer. Für diese gelte das deutsche Arbeitsrecht dann nicht, das heißt, Kosten für Krankenkasse und Sozialabgaben fallen nicht an. Zu Hunderten seien diese Firmen in Büros „beheimatet“, in denen in der Realität jedoch nur einige Steuerberater tätig seien.
Und weil bei Krankheit nicht gezahlt werde, sollen sich Piloten auch dann ins Cockpit setzen, wenn sie eigentlich nicht arbeitsfähig seien – um weiterhin Lohn zu erhalten. In der ARD-Doku erzählt dies ein ehemaliger Pilot des Billigfliegers. Kranke Flugkapitäne allerdings stellten für die Flugsicherheit eine enorme Gefahr dar, sagt dieser.

Wenig Sprit an Bord

Änderte Ryanair bei Gesetzesänderungen ihr Beschäftigungsmodell bislang immer sehr rasch, erhöht sich der Druck auf die Iren nun. Die beiden Personalvermittler Brookfield und Mc Ginley Aviation, über welche die Billig-Airline die Piloten-Verträge abschließen lässt, scheinen nicht mehr mitspielen zu wollen. Sie haben – zumindest der ARD-Dokumentation zufolge – erstmals gegenüber der Staatsanwaltschaft Ryanair der Scheinselbstständigkeit bezichtigt.
Ryanair weist in einer Stellungsnahme alle Aussagen in der Sendung als falsch zurück. Die Airline sei an den Börsen von Dublin, London und New York notiert und halte sich an irisches und EU-Recht. Zudem hätten Piloten die Möglichkeit, ihre Krankheitstage innerhalb von 365 Tagen nachzuarbeiten. Auch sei man nicht Gegenstand der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Koblenz.

Alles nur Gewerkschafts-Propaganda?

Eddie Wilson, Chief People Officer bei Ryanair, schreibt: „Dieses ARD-Programm entbehrt jeder Grundlage und war lediglich ein Mittel für die gescheiterten Piloten-Gewerkschaften der Lufthansa, um von ihren ständigen Streiks sowie den Lohn- und Arbeitskürzungen abzulenken.“ Mit der Staatsanwaltschaft Koblenz werde bei deren Ermittlungen „zusammengearbeitet“, so Wilson.
Arbeitsrechtler und Steuerexperten kritisieren die Fluggesellschaft allerdings seit langem. Sie sehen diese knapp an der Grenze der Legalität agieren. Nicht allein die angeprangerte Ausbeutung des Personals steht im Fokus. Auch soll Ryanair Piloten anweisen, möglichst wenig Sprit zu tanken: Die Sendung berichtet über Fälle, in denen Ryanair-Piloten Notrufe absetzten, weil sie sofort landen mussten. Auch dies weist der Billigflieger zurück.

Quelle: BizTravel (OG)

Die Zukunft des "Fliegens" und der Arbeitswelt?!

Fliegen auf Kosten aller?

Ryanair eröffnet Basis

Auf zweistellige Zuwachsraten kann der beschauliche Flughafen Memmingen vertrauen. Europas größter Billigflieger stationiert einen Jet dort und kündigt noch mehr Strecken an.
Mit Beginn des nächsten Winterflugplans Ende Oktober stationiert Ryanair einen Boeing-Jet am Allgäu Airport in Memmingen. Damit sollen sieben neue Routen aufgenommen werden. Neben den bereits für den Winter angekündigten Verbindungen nach Fes, Sevilla, Thessaloniki und Warschau kommen auch Strecken nach Lviv (Ukraine), Oradea (Rumänien) und Stockholm hinzu. Obendrein wird der saisonale Palma-Dienst in den Winter hinein verlängert.
Insgesamt wächst das Angebot von Ryanair in Memmingen somit auf 17 Routen. Pro vollem Kalenderjahr sollen dort 825.000 Passagiere befördert werden. Der Memminger Flughafen-Chef Ralf Schmid freut sich darüber sehr und rechnet damit, dass Ryanair auch künftig etwa die Hälfte der Linienfluggäste am Allgäu Airport stellen wird. Er mahnt allerdings auch: „Unser Partner erwartet einen zeitnahen Ausbau unseres Flughafens und vertraut auf die politischen Akteure, ihren Zusagen Taten folgen zu lassen und die geplanten Maßnahmen zu unterstützen.“

Quelle: BizTravel (LS)