Dienstag, 20. September 2016

Unister - Ein einziger Sumpf

Der Internet-Reisevermittler Unister hat nach gemeinsamen Recherchen des ARD-Magazins „Fakt“ und COMPUTER BILD mutmaßlich jahrelang und systematisch Kunden beim Verkauf von Flugtickets geprellt. Tausende Kunden sollen betrogen worden sein, die zwischen 2008 und 2013 einen Flug über die Webseiten Fluege.de, Flug24.de und Billigfluege.de gebucht haben. Sie können nun Schadensersatzansprüche stellen.
Es sieht ganz danach aus, also ob die dubiosen Machenschaften des Leipziger Unternehmens Unister schon länger bekannt gewesen sind. Das Pleite-Unternehmen Unister betreibt u.a. Websites wie Ab-in-den-Urlaub.de, Travel24.com, Fluege.de, Flug24.de, Billigfluege.de oder Partnersuche.de und weitere. DMM berichtete bereits über den Verdacht der Generalstaatsanwaltschaft Dresden gegen die damalige Unternehmensleitung betreffend Steuerhinterziehung, unerlaubten Vertrieb von Versicherungsprodukten sowie Adresshandel. Seinerzeit wurde auch DMM von einem windigen Anwalt Unisters wegen der Berichterstattung bedroht.    
Die Internetseiten Fluege.de & Co. sind Verbraucherschützern schon seit Jahren ein Dorn im Auge, weil Kunden dort im letzten Buchungsschritt bei vielen Zahlungsarten eine Servicegebühr aufgeschlagen bekommen, die am Anfang der Buchung nicht klar ersichtlich ist. Doch die Kunden wurden, wie die ARD und COMPUTER BILD nun melden, in noch in weit größerem Umfang abgezockt.
Computer Bild schreibt dazu: „Offenbar wurden von September 2008 bis Dezember 2013 vielen Kunden zusätzlich zur Servicegebühr deutlich höhere Beträge in Rechnung gestellt, als ihre Flugtickets eigentlich kosteten. Und so funktionierte die Masche: Zunächst bekamen die Kunden auf den Unister-Seiten Normalpreise der Fluggesellschaften angezeigt. Doch sobald sie einen Flug per Klick auf „Jetzt kaufen“ verbindlich gebucht hatten, begann hinter den Kulissen die Trickserei: Intern prüften Mitarbeiter der sogenannten „Ticketing“-Abteilung, ob das Flugticket aufgrund von Preisschwankungen, Spezialtarifen oder Sonderpromotionen der Airlines noch günstiger als zum Normalpreis zu bekommen war. „Runterbuchen“ wird diese Praxis genannt, abgekürzt „Rub“. Solche „Rubs“ machen erstaunliche Ersparnisse möglich: Mal sind es 30 oder 50 Euro, mal einige hundert Euro, in Ausnahmefällen sogar über 3.000 Euro. Der Kunde erfuhr davon nichts, ihm wurde der ursprüngliche Preis in Rechnung gestellt.“  
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden geht von rund 100.000 „heruntergebuchten“ Flugtickets aus. Die Leipziger um ihren tödlich verunglückten Chef Thomas Wagner sollen auf diese Weise einen Gewinn von 10 Mio. Euro gemacht haben – dies auf Kosten der Kunden, die mehr für ihren Flug bezahlt haben, als nach Einschätzung der Ermittler fällig gewesen wäre. Die Frage, die sich die Ermittler auch stellen: Ist das Runterbuchen wirklich Usus in der Reisebranche? Wenn ja, dürfte sich der Kreis der Verdächtigen in der bundesdeutschen Reisebranche gewaltig ausweiten.
Die Ermittler glauben zudem, dass auch Fluggesellschaften von Unister übers Ohr gehauen wurden. So sollen, wie das ARD-Magazin und Computer Bild herausgefunden haeb, zum „Runterbuchen“ häufiger spezielle „Touroperator“-Tarife verwendet worden sein. Dabei handelt es sich um Rabatte für Reiseveranstalter, die damit Flugtickets beispielsweise im Paket mit einem Hotelaufenthalt günstiger verkaufen können. Da Fluege.de & Co. jedoch klassische Flugvermittler und keine Veranstalter sind, hätten sie diese Rabatte gar nicht in Anspruch nehmen dürfen. „Es besteht der Verdacht, dass eine größere Anzahl Airlines dadurch getäuscht wurde“, so die Dresdner Juristen.
Die Staatsanwaltschaft hat aktuell 49 Unister-Mitarbeiter im Visier, anfangs waren es um die 90, bei denen es um den Verdacht auf banden- und gewerbsmäßigen Computerbetrug geht. Die Beschuldigten sollen am bei Unister praktizierten und strafbaren Runterbuchen beteiligt gewesen sein.
Das Amtsgericht Leipzig hat am Freitag, 17. September 2016, das Insolvenzverfahren für die Unister Holding GmbH eröffnet. Der Geschäftsbetrieb geht angeblich in vollem Umfang weiter, die Mitarbeiter könnten trotz Wegfalls des Insolvenzgeldes weiter bezahlt werden. Fragt sich nur, wer solch' ein Unternehmen mit einem derart miserablen Ruf überhaupt kaufen möchte... 
Quellen: ARD / Computer Bild / DMM

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.